Von toten Tulpen und besoffenen Mäusen

Zu meinen absoluten Lieblingen im Garten gehören Tulpen. Leider lieben die Mäuse sie ebenso heiss.
Zu meinen absoluten Lieblingen im Garten gehören Tulpen. Leider lieben die Mäuse sie ebenso heiss.

Jetzt ist es wieder so weit. Die Tulpen recken ihr Grün aus dem Boden, und da und dort zeigt sich schon ein kleines Köpfchen, ebenfalls noch grün – aber bald werden viele viele Knöpfe in Pink, Lachsrosa, Crèmeweiss oder Dunkellila strahlen. Hoffentlich. Vielleicht. Ein paar wenige jedenfalls. Ein Grossteil der Tulpen aber, die ich im Herbst als Zwiebeln versenkt habe, wird wohl wieder nix werden. Nicht blühen, nicht mal aus dem Boden gucken. Sie sind vor ihrer Blüte verendet, ermordet, bei lebendigem Leibe aufgefressen. Von Wühlmäusen.

Diese Farbe! Unbeschreiblich. Ob diese Schönheit dieses Jahr noch in meinem Garten blüht, ist noch nicht sicher.
Diese Farbe! Unbeschreiblich. Ob diese Schönheit dieses Jahr noch in meinem Garten blüht, ist noch nicht sicher.

Seit ich einen Schrebergarten habe, beweine ich jedes Jahr zahlreiche Pflanzen, die den gefrässigen Nagern zum Opfer gefallen sind: Herbstanemonen in zartem Rosa, leuchtend orangefarbene Sonnenhüte, mehrere Verbenen, mehligkochende Kartoffeln, eine hoffnungsvolle, stolze Feige, halbe Kürbisse und ganze Felder von Senf. Und eben Tulpen, Hunderte von Tulpen, apricotfarbene, schneeweisse, lilafarbene, dunkelpinkfarbene, ja fast schwarze. Die schönsten waren den Viechern die liebsten. Ich hasse diese kleinen Monster. «Euch werd ichs zeigen!» rufe ich regelmässig, inmitten meines Ackers stehend, die Faust drohend gen Himmel schüttelnd.

Ich schwöre, ich habe alles versucht

Ich las mich durchs Internet und kaufte Schnaps, literweise, und verteilte ihn gläschenweise in der Nähe meiner Lieblinge im Garten: über den Tulpenzwiebeln, unter den Anemonen, rund um die Rudbeckien, entlang der Kartoffelreihen – und da die Flasche schon mal offen war, sprinkelte ich den Obstler oder Pflümli oder was immer es war, auch gleich über den Rasen, rein präventiv. Schnaps, hatte ich gelesen, vertreibt Wühlmäuse. Haha. Eher soffen sie sich Mut an, denn danach schienen sie mir frecher denn je.

Ich habe nichts unversucht gelassen: unverdünnte Brennesseljauche, Hundehaarbüschel, Knoblauchzehen und natürlich Drahtkörbe, in die ich Wurzeln und Blumenzwiebeln packte. Inzwischen liegen in meinem Garten so viele Drahtkörbe vergraben, dass ich mit der Pendelhacke kaum mehr durchkomme und mir beim Jäten regelmässig die Hände daran aufreisse. Mein Boden ist regelregt vermint mit Körben.

Schnaps vertreibt Wühlmäuse, habe ich gelesen. Bei mir saufen sie sich eher Mut an. Denn jetzt sind sie frecher denn je.

Genützt hat bis jetzt alles nicht. Aber irgendwas muss doch die Viecher vertreiben. «Fallen!» sagte einst mein ehemaliger Gartennachbar Bärnhard* achselzuckend, nachdem er mir erklärt hatte, dass die Wühlmäuse in seinem Garten eindeutig von meiner Parzelle zu ihm herübergewandert waren. Mir graust aber vor diesen Genickbrechern. Ich möchte das Geräusch nicht hören, wenn ein Tier guillotiniert wird. Und schon gar nicht möchte ich die blutigen kleinen Leichen entsorgen.

Nun hoffe ich auf tierische Hilfe

«Katzen!» riet mir letztes Jahr ein Instafreund. Die orangefarbene Gartenkatze, die ich unter dem Namen Ginger bei jeder Gelegenheit in den Garten locke, ist aber leider ein denkbar unbegabter Mäusejäger. Immerhin: Mein neuer Hütehund Lucky wittert die Mäuse und versucht sie auszugraben. «Suech s Müsli!» ermuntere ich ihn dann. Bislang ohne Erfolg. Neuerdings versuche ich auch, die Fuchsdichte auf meiner Parzelle etwas zu erhöhen, indem ich alte Schuhe vor das Häuschen lege. Füchse lieben getragene Schuhe, hab ich gehört. Und bestimmt mögen sie auch Mäuse, dachte ich mir.

Ginger nenne ich den Kater, der in den Schrebegärten rumtigert. Wühlmäuse fangen kann er leider nicht. Er tut nur so.
Ginger nenne ich den Kater, der in den Schrebegärten rumtigert. Wühlmäuse fangen kann er leider nicht. Er tut nur so.

Bislang habe ich keine Hinweise darauf, dass Ginger, Lucky oder die Füchse mir bei der Bekämpfung der Mäuseplage unter die Arme greifen. «Wenns nicht besser wird, werde ich wohl doch noch Fallen stellen», dachte ich heute, als ich die sterblichen Überreste einer einst wunderschönen Anemone zum Kompost trug.

Aber zuerst werde ich die Tulpen zählen. Die Tage der Mäuse sind schon gezählt.

Schrebergarten-Regel Nummer 3: Entweder Du hast Tulpen oder Du hast Wühlmäuse.

 *Alle Namen sind geändert. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind kein Zufall.

Hast Du auch Wühlmäuse im Garten? Was fressen sie bei Dir weg? Und was tust Du dagegen? Ich freue mich über Erfahrungsberichte und Tipps!

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