A Corona-Christmas-Carol

Heilig Abend, Pisco Sour und ein Hoch auf meine eigene kleine Weihnachtsgeschichte.
Heilig Abend, Pisco Sour und ein Hoch auf meine eigene kleine Weihnachtsgeschichte. 

Vor ein paar Jahren beschloss ich, in meinem Schrebergarten Honigbienen zu halten, und besuchte einen Imkerkurs. Aus den eigenen Bienen ist bis heute nichts geworden, aber das ist eine andere Geschichte. Dafür hat mich der Imkerkurs mit Menschen zusammengebracht, die mir eine herzerwärmende Geschichte beschert haben, und zwar just zu Weihnachten:

Maria auf dem Berg

Es begab sich zum 24. Dezember, dass ich nachmittags zuhause die letzten Weihnachtsgaben in buntes Papier wickelte und dazu der Chöre Lobgesang lauschte, etwa wie Vonda Shepard «Maryland» sang, und ähnlich Besinnliches. Da sprachen auf dem Handy die Menschen Weihnachtsbotschaften aus, unter anderem im Forum, das aus meinem Imkerkurs vor zwei Jahren hervorgegangen ist und immer noch Bestand hat. Da begab sich auch Imkerkollegin Maria* ans Handy und schrieb: «Frohe Weihnachten! Ich feiere alleine, in Isolation.» Kollegin Lea erschrak ob dieser Worte und schrieb: «Sag, wenn ich etwas für Dich tun kann.» «Corona!», dachte ich und begab mich zu meinem Kühlschrank, um die Limettencrème zu begutachten, die ich für das Abendmahl zubereitet hatte, «ausgerechnet Maria.» Maria ist eine der Heldinnen des Coronajahres, sie ist Pflegefachfrau und hat sich ohne Wehklagen das ganze Jahr über für Patienten geopfert.

Nun also schrieb diese Maria im Chat: «Wenn mir jemand ein Medikament bringen könnte?» Ich fragte: «Was brauchst Du denn, und wo bist Du?» Und Maria antwortete: «Ich habe es in der Wädi-Apotheke auf meinen Namen bestellt.» Und sie befinde sich daheim auf dem Berg, im Zimmer nebenan der Sohn, der das Haus auch nicht verlassen dürfe. Nun nahte aber die Zeit, da ich mich zur Christfeier begeben sollte. Fürchte Dich nicht, liess ich Maria wissen, ich werde die Medizin morgen holen und Dir überbringen. Maria jedoch schrieb: «Das geht nicht, die Apotheke ist morgen zu, und ich muss es ja noch bezahlen.»

Wie sollte das zugehen, dachte ich nun. Maria in Not, und es nahten Tage, an denen das Gebot galt, den Herrn zu loben und nicht den Kaufgeschäften zu frönen. Und also schlug ich vor: «Bestell das Medi in meiner Apotheke, ich hole es jetzt sofort dort ab und bringe es Dir morgen.» Und Maria sprach: «Okay, danke!»

Imkerkollegin Lea hat sich als veritabler Engel erwiesen (Bild: Unsplash, Muhammed Zafer Yahsi)
Imkerkollegin Lea hat sich als veritabler Engel erwiesen (Bild: Unsplash, Muhammed Zafer Yahsi)

Und der Engel Lea

Doch es begab sich, dass meine Apotheke die Medizin gar nicht hatte. «Himmel hilf», dachte ich, während ich den Pisco für den Abend mit dem Zuckersirup mischte und Eier aufschlug. Es kam Stress über mich, und grosses Mitleid mit Maria. Da hatte ich eine Eingebung und die liess mich schreiben: «Versuch es in Thalwil! Die haben doch auch an Feiertagen offen. Dann hole ich es morgen dort ab.» Siehe, der Herr war mit uns und Maria beschied bald darauf: «Ich habe das Medi grad in der Central-Apotheke bestellt.» Halleluja, dachte ich, doch bevor ich das Wort teilen konnte, verkündete Imkerkollegin Lea: «Ich werde das Medikament holen!» Und zwar sogleich, so ihre frohe Kunde, und sie werde es in dieser Stunde noch zu Maria auf den Berg hinaufbringen.

Und also waren alle Imkerkollegen erfreut, und bestimmt hob der eine oder andere zu Hause seinen Kelch mit Honigwein und alle lobten den Herrn und sagten «Ihr seid toll, Mädels!» und «Gut gemacht, Frauen!» und ähnliche Worte. Da spürte ich, wie Glück und Dankbarkeit mich durchdrangen und ich schrieb: «Lea, Du bist ein Engel.» Alsbald hüllte ich mich in warme Gewänder und nahm meine Speisen und Getränke und die Gaben für den Abend und trat vors Haus, auf dass ich nicht zu spät zur Weihnachtsfeier käme. Und über mir war der dunkle Himmel mit einem Stern, der hell blinkte.

*Alle Namen sind geändert. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind kein Zufall.

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Von toten Tulpen und besoffenen Mäusen

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